MOTORSPORT AKTUELL, 25.02.1997

Alain Prost: Neue Gefühle


ALAIN PROST ZUR ÜBERNAHME VON LIGIER, ZUR ANGST VOR DEM VERSAGEN, ZU NAGENDEN ZWEIFELN.

DU HAST BEI DER PRESSEKONFERENZ MIT DEN PEUGEOT-VERTRETERN UNGEWÖHNLICH BEWEGT GEWIRKT.
Ich habe mich ganz anders gefühlt als bei jeder Pressekonferenz zuvor. Es fällt mir schwer, es zu erklären. Ich war verwirrt. Vielleicht, weil monatelange Arbeit endlich zu einem guten Abschluss gekommen war und ich mich auf einmal vor den Medienvertretern wiederfand. Vielleicht, weil ich als Teambesitzer die Worte anders wählen muss denn als Rennfahrer.

WARST DU BEUNRUHIGT, ALS EDDIE JORDAN GEGEN DIE NAMENSÄNDERUNG VON LIGIER IN PROST SEIN VETO EINLEGTE?
Ich war überzeugt, dass alles den Bach runtergehen würde. Ich hätte nie geglaubt, dass dies ein so grosses Problem werden würde. Ich hatte meine Arbeit getan, nun konnte ich nur noch warten. Das war sehr entmutigend.

WAS WÜRDEST DU EDDIE JORDAN HEUTE SAGEN?
Danke. Alles in allem ist er ein feiner Kerl. Es war für ihn nicht leicht, aber schliesslich hat er eingesehen, dass mein Projekt für die ganze Formel 1 von Interesse ist. Peugeot spielte mit dem Gedanken, sich Ende 1997 aus der Formel 1 zurückzuziehen. Weil wir unser Projekt verwirklichen konnten, bleiben sie nun im GP-Sport.

HAUS DU DICH ERLEICHTERT GEFÜHLT, ALS JORDAN ENDLICH SEINE ZUSTIMMUNG GAB?
Nicht sofort. Die letzten Monate waren fürchterlich. Jedesmal, wenn ein Problem gelöst war, tauchte ein neues auf. Ich konnte nie richtig durchatmen und die Fortschritte geniessen. Was mich am meisten beunruhigte: Ich hatte zuvor schon ein paarmal versucht, ein eigenes Formel-1-Team auf die Beine zu stellen, und immer ging am Schluss etwas schief. Ich hatte grosse Angst, dass dies erneut passieren würde. Es gab Zeiten, in denen ich mich fragte, ob ich das Ganze nicht besser sausen lassen sollte. Ich sagte mir: Alain, du bist ganz und gar verrückt! Aber ich mag eben Herausforderungen, ich mag das Risiko. Das macht mehr Spass als untätig zu Hause zu hocken.

WELCHE ROLLE IST SCHWIERIGER: TEAMCHEF ODER RENNFAHRER?
Ein Rennfahrer geniesst viel mehr Freiheiten. Er kann ein Team jederzeit verlassen, wenn er die Nase voll hat. Das kann ich nicht mehr. Ich bin jetzt Chef eines Unternehmens mit aller Verantwortung. Das heisst jedoch nicht, dass ich deswegen das Golfspielen und Fischen aufgebe.

WANN HAST DU ERSTMALS DEN WUNSCH VERSPÜRT, EIN EIGENES FORMEL-1-TEAM ZU HABEN?
Schon vor vielen Jahren. Ich dachte bereits 1989 daran, als ich mit McLaren um die WM kämpfte. Es schien mir die logische Fortsetzung meiner Karriere zu sein. Ich wollte den Sport nicht verlassen, ohne auch diese Seite kennenzulernen.

WAS WÄRE PASSIERT, WENN ES ERNEUT NICHT GEKLAPPT HÄTTE?
Ich wäre aus der Formel 1 verschwunden und hätte etwas ganz anderes gemacht. Im Moment fällt es mir noch schwer, richtig begreifen zu können, dass es nun ein Auto namens Prost gibt. Ich werde die Fahrzeuge noch eine ganze Weile Ligier nennen...

VON DIDIER BRAILLON



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