MOTORSPORT AKTUELL, 08.04.1997

Alain Prost - Geglückter Start


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(Interview: Patrick Camus)

Der vierfache F1-Weltmeister Alain Prost steht am Beginn seiner zweiten Karriere als Teamchef und scheint auf Anhieb Erfolg zu haben: Sechs WM-Punkte nach zwei Rennen durch den grandiosen Olivier Panis geben allen Anlass zu weiterem Optimismus.

Panis Fünfter in Australien und Dritter in Brasilien, das ist ein grossartiger Saisonauftakt für dein Team...
Gewiss, aber es wird nicht immer so leicht sein. Wir wollen einen kühlen Kopf behalten. Ich muss aber zugeben, dass ich mich erleichtert fühle. Ich flog mit einem mehr als mulmigen Gefühl nach Melbourne. Ich hatte panische Angst davor, in der neuen Rolle zu versagen.

Lief der São Paulo-GP für Euer Team so wie geplant?
Die Einstopp-Taktik war bestimmt genau die richtige. Beim Nachtanken allerdings lief zu unserem Erstaunen nicht die komplette Spritmenge in den Tank. Aus diesem Grund mussten wir zum Schluss des Rennens Olivier einbremsen, sonst hätte er vielleicht noch schneller fahren können.

Wie kommt dir das Leben als Teamchef vor?
Es ist nicht leicht, auf der anderen Seite der Leitplanke zu stehen. Und es ist noch schwieriger, wenn dein Name auf den Fahrzeugen klebt. Im übrigen war "Prost Grand Prix" nie meine Wahl. Der Name war vielmehr eine Voraussetzung, dass das Projekt überhaupt zustande kommt. Dieses Team hat während Jahren unter einem Komplex gelitten. Es brauchte dringend eine Art Elektroschock, um aus dieser Situation auszubrechen. Mangelnde Ergebnisse haben in der F1 mit Schicksal nichts zu tun. Die sechs Punkte in den ersten beiden Rennen sind eine prächtige Moralspritze. Und sie beweisen unseren Partnern, den jetzigen und künftigen, dass sie auf das richtige Team gesetzt haben.

Wie schaut es vom Arbeitsaufwand her aus?
Ich habe zehnmal mehr Verantwortung und fünfmal mehr Arbeit als zuvor...

Was ist schwieriger: Als Fahrer den Durchbruch zu schaffen oder ein Team zu führen?
Das ist wie Tag und Nacht. Der Weg, den ich jetzt eingeschlagen habe, ist ungleich steiniger. Früher war alles so einfach: Ich wollte im Kart gut sein, um Rennwagen fahren zu können. Einmal im Rennwagen, wollte ich einfach in die nächsthöhere Kategorie aufsteigen. Die Formel 1 war so weit entfernt, dass ich überhaupt nicht an sie gedacht habe. Heute führe ich eine Firma, ich muss Erfolg haben. Es gibt keinen Spielraum für Versagen. Früher sind Fehler nur einem auf den Kopf gefallen - mir. Nun wirkt sich ein Fehler auf ein ganzes Unternehmen aus. Die Kluft zwischen Rennfahrer und dem Teamchef ist enorm: Ein Fahrer hat alle Freiheiten. Wenn er mit dem Team nicht zufrieden ist, kann er es verlassen. Mit Begabung, Verhandlungsgeschick und den richtigen Leuten im Hintergrund kann er den Sprung in ein Topteam schaffen. Ein Fahrer lebt in der Gegenwart. Ein Teamchef lebt viel mehr für die Zukunft: Taktisches Denken, Wahl der Mitarbeiter, Budget. Zum Glück handelte es sich bei Ligier um ein wohlstrukturiertes Team mit solidem Technikerteam und einem guten Paket aus Chassis, Motor und Reifen.

Welche Stärken und Schwächen hast du im Team geortet?
Ich glaube, die Übernahme hat zu einem Motivationsschub geführt. Die Leute freuen sich auf diese neue Herausforderung. Die Stimmung im Team ist gut, von Ehrgeiz geprägt, von Lernwillen, vom Wunsch, zu beweisen, dass man bessere Leistungen zeigen kann als zu Ligier-Zeiten. Was die Schwachpunkte angeht: Die muss ich allein ausbügeln.

Welche sind das denn im einzelnen?
Was bringt es, ins Detail zu gehen? Es reicht, festzuhalten, dass noch gewaltige Anstrengungen unternommen werden müssen, um in der nächsten Saison unter die besten Teams vorzustossen. Die Koordination an der Strecke muss besser werden, um die Möglichkeiten des Trainings ganz auszuschöpfen. Der grösste Nachteil für Prost Grand Prix: Wir müssen uns gegen Teams wehren, die gut dreimal so viele Angestellte und eben damit dann auch mindestens das dreifache Budget haben!

Welches Budget ist nötig, um mit den Besten mitzumischen?
Das Minimum liegt sicher bei etwa 90 Millionen Mark, würde ich sagen.

Wie bist du mit den Leistungen deiner beiden Piloten bisher zufrieden?
An Panis hatte ich nie einen Zweifel. Was Nakano betrifft, so macht es wenig Sinn, ihn unter Druck zu setzen. Er muss sich zuerst an die Mechanismen der Formel 1 gewöhnen wie die Hektik des Abschlusstrainings oder die Feinheiten der Abstimmung. Er hat in den ersten beiden Rennen keine schlechte Figur gemacht. Alles zu seiner Zeit.

Bist du mit den Fahrern auch ständig über Funk verbunden?
Nein, das überlasse ich Rennleiter Cesare Fiorio. Er hat mehr Erfahrung als ich. Warum sollte ich etwas ändern, was gut eingespielt ist? Ich bin allerdings in ständigem Kontakt mit ihm.

Ertappst du dich beim Gedanken: Wieso tue ich mir das alles eigentlich an?
Ich bin keiner, der in der Vergangenheit lebt. Ich hatte immer den Wunsch, meine Erfahrung einem Team zur Verfügung zu stellen. Es gab Momente, in denen ich mir diese Frage gestellt habe. Vor allem in jenen, in denen das Projekt am seidenen Faden hing. Heute denke ich nicht mehr daran. Ich weiss, worauf ich mich eingelassen habe. Ich kenne die Risiken. Ich habe mich entschieden, also werde ich dafür gerade stehen. Ich habe keine Zweifel mehr. Das Abkommen mit Peugeot gibt mir viel Selbstvertrauen.

Wird dein Team in Magny-Cours bleiben?
Die Gedanken über einen Umzug sind an einem toten Punkt angelangt. Ich muss zuerst abwägen, was ein Umzug bringen würde. Magny-Cours ist kein idealer Standort. Fünfzehn Stunden am Tag inmitten von Kühen zu arbeiten, würde ich nicht als ideal bezeichnen. Es stellt sich die Frage, ob es gescheiter wäre, das Team dort zu haben, wo sich die Geschäfte abwickeln, wo die Lieferanten produzieren, wo die Partner ihre Werke haben. Bezüglich Peugeot etwa wäre es gewiss gescheiter, in unmittelbarer Nähe des Motorherstellers zu sein, um kurze Wege zu haben. Wenn diese Entscheidung gefallen ist, so muss das Personal sie einfach akzeptieren. Wenn die Leute wirklich gewinnen wollen, so müssen sie eben auch einen Umzug in Kauf nehmen.



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