SONNTAGSBLICK, 17.08.1997

Der vierfache Weltmeister auf der anderen Seite der Boxenmauer

Herr Prost, warum geniessen Sie nicht das Leben?


SPA - Er wohnt offiziell in 1137 Yens (VD), sein Büro hat er in Genf - und seine Fabrik wird über den kommenden Winter von Magny-Cours in die Nähe von Paris gezügelt: Alain Prost (42). Der vierfache Weltmeister mit 199 WM-Rennen und 51 Siegen arbeitet seit Saisonbeginn auf der anderen Seite der Boxenmauer, als Prost-Honda-Teamchef. Formel-1-Experte Roger Benoit sprach mit dem Franzosen.

Sie hätten nach dem Ende Ihrer Karriere ein sorgenfreies Leben führen können. Warum rennen Sie jetzt freiwillig den Problemen nach?
Ich brauche im Leben einfach immer Herausforderungen. Das ist die wirkliche Motivation. Ich fühle mich leer und nutzlos, wenn ich nichts mache. Und meine zwei Söhne sollen nicht glauben, dass ihr Vater einfach nur in der Sonne liegt!

Als Berater von Renault und McLaren hatten Sie nach Ihrem letzten Grand Prix 1993 doch genügend Arbeit...
Eben nicht. Das waren nicht die richtigen Herausforderungen. Man wollte zwar meinen Rat, aber ich konnte kaum etwas bewegen. Jetzt kann ich mich nicht beklagen. Und ich muss mir die Zeit fast stehlen, um noch Sport treiben zu können. Vor allem das Radfahren ist eine Leidenschaft, ohne die es nicht geht. Ich bin ein Sportfreak geblieben.

Sie sehen nicht gerade glücklich aus - ist ihr neuer Job doch zu stressig?
Das erste Jahr ist für alle neuen Teams sehr schwierig. Und momentan lastet fast der ganze Druck auf meinen Schultern. Ich arbeite 15 Stunden am Tag - da gibt es nicht mehr viel zu geniessen.

Aber Dauerstress kann ja auch nicht Ihr neues Lebensziel sein...
Sicher nicht. Wenigstens ist unser ganzes Projekt für die nächsten drei Jahre gesichert. Und ab 1998 fahren wir ja mit Peugeot-Motoren. Längere Verträge lassen sich in der Formel 1 kaum abschliessen.

Also ist Geld im GP-Business die Lösung aller Probleme?
Nein. Es ist wie im normalen Leben. Wenn Du viel Geld hast, gibst du auch viel aus - und sonst schränkst du dich eben ein. Es tönt banal, aber nur mit Geld wirst du nirgendwo glücklich!

Wie ist die Reaktion in Frankreich auf den GP-Neuling Prost-Honda?
Das Image ist fast sensationell. Denn wir tragen den Kopf nicht sehr hoch - und das finden die Leute offenbar sympathisch.

Ihre grösste Sorge momentan ist seit dem Montreal-Crash sicher der Ausfall von Teamleader Panis. Wie geht es ihm?
Er kann schon ohne Krücken laufen. Entweder kommt er in Zeltweg oder Suzuka zurück. Und wir brauchen Olivier dringend, auch wenn Trulli und Nakano ihren Job so gut wie möglich machen. Noch liegen wir mit 20 Punkten auf dem angestrebten fünften Teamrang, doch Jordan und Sauber holen auf.

Wer fährt 1998 für Sie?
Panis hat einen Vertrag. Aber sein Partner heisst weder Alesi noch Hill. Diese Namen geistern einfach um unser Team herum!

Und wer ist der beste Fahrer der Gegenwart?
Michael Schumacher. Er ist sehr intelligent - und hat jetzt sogar seine Taktik geändert, denkt nur noch an seinen dritten Titel. Aber im Gegensatz zu meinen Zeiten fährt Schumacher allein gegen alle. Ich hatte ständig gegen starke Typen wie Mansell, Senna und Piquet anzutreten.

Jetzt haben Sie eben Gegner wie Williams, Ferrari, McLaren - für die sie alle gekämpft und gesiegt haben...
Okay, aber diese Topteams sind mit ihrer Erfahrung für uns noch eine Nummer zu gross.




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