AUTO MOTOR UND SPORT, 26.09.1987

"Jetzt schmerzen die Niederlagen noch viel mehr"


Interview mit Titelverteidiger Alain Prost, der nach acht erfolglosen Rennen in Estoril endlich wieder gewann.

In Spa hatte Alain Prost mit seinem 27. Grand Prix-Sieg mit dem bisherigen Rekordhalter Jackie Stewart gleichgezogen, in Estoril hat er ihn nun mit seinem 28sten GP-Sieg übertroffen.

Wieviel bedeutet Ihnen dieser Weltrekord?
Eigentlich alles. Rekorde sind mein Leben. Im Gegensatz zu anderen, die auf Statistiken pfeifen, hab' ich immer offen zugegeben: Ich will der erfolgreichste Formel 1-Pilot aller Zeiten werden.

Sie haben in Estoril nicht nur den Stewart-Weltrekord überboten, sondern auch eine Niki Lauda-Bestmarke eingestellt: Sie standen zum 54sten Mal auf dem Siegerpodest. Nur in der ewigen Punkterangliste liegt Lauda noch vor Ihnen: 420,5 gegen 400,5 Punkte.
Ich fahr' ja noch eine Zeit lang. Irgendwann hatte ich den Plan, mich für eine Saison zurückzuziehen und später, wie seinerzeit Lauda, wiederzukommen. Aber ich hab' meine Meinung geändert.

Wie fühlen Sie sich als Weltrekordler?
Absolut perfekt. Schon in Monte Carlo wäre es schön gewesen, in Hockenheim hätte ich es besonders verdient gehabt. Aber so wie in Estoril den Weltrekord zu erobern, ist ja noch besser: Denn es war das schwierigste Rennen, das ich je gewonnen habe, wahrscheinlich auch das beste. Daran werde ich mich in Zukunft erinnern, wenn es darum geht, wo ich den Rekord gebrochen habe: außerordentlich ermüdend, strapaziös, extrem schwierig - so soll meine Rekordfahrt auch den Fans im Gedächtnis bleiben.

Dem Team auch?
Ganz klar, dieses Rennen war auch sehr gut fürs Team. Jeder im Team hat diesem Rekord entgegengefiebert. Und weil uns Porsche Ende 1987 verläßt, ist es phantastisch, daß auch die Deutschen diesen Rekord noch mit mir geschafft haben.

Alain, wie sehen Sie die letzte Porsche-Saison im Rückspiegel?
Jetzt, wo ich dieses Rennen gewonnen habe, schmerzen die Niederlagen dieser Saison noch viel mehr. Hockenheim vor allem, als ich vier Runden vor Schluß aufgeben mußte. Sonst könnte ich immer noch Weltmeister werden. Aber jetzt alle Rennen bis Saisonende zu gewinnen, wird schwierig sein, wohl fast unmöglich.

Wo hat McLaren nachgelassen?
Das große Problem mit dem McLaren ist in diesem Jahr: Wenn ich dicht an anderen Autos dran bin, verlier' ich zuviel Downforce. Wie in der ersten Rennhälfte in Portugal: Ich verbrauchte zuviel Reifengummi, war nicht sehr schnell auf der Geraden, konnte Piquet, Senna, Alboreto nur sehr schwer überholen und mußte in der zweiten Rennhälfte dann hart pushen.

Hätten Sie Berger auch ohne seinen Dreher überholt?
Kann ich nicht sagen. Reifen, Bremsen, Sprit, der Fahrer - wir waren alle am absoluten Limit.

Nach den vielen Rückschlägen in diesem Jahr haben Sie und McLaren-Porsche diesen Sieg wohl verdient.
Genau, das darf man nicht vergessen. Ich hatte so viele Probleme in den letzten Rennen - und jetzt zum erstenmal seit sehr, sehr langer Zeit ein sorgenfreies Rennen. Also könnte ich jetzt im WM-Finale vielleicht noch alles Pech als Glück zurückkriegen.

Heinz Prüller



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